Widerruf muss „billigem Ermessen“ entsprechen
Ein Arbeitgeber kündigte das Arbeitsverhältnis einer Führungskraft betriebsbedingt mit Schreiben vom 08.05.2023 ordentlich zum 31.08.2023. Mit dem Kündigungsschreiben stellte der Arbeitgeber den Mitarbeiter mit sofortiger Wirkung bis zur Beendigung des Arbeitsverhältnisses unwiderruflich von der Verpflichtung zur Erbringung der Arbeitsleistung frei. Zugleich forderte er die Rückgabe des dem Mitarbeiter zur privaten Nutzung überlassenen Dienstfahrzeuges bis zum 24.05.2023. Er berief sich auf eine Klausel im Arbeitsvertrag, die ihm das Recht einräumte, im Falle einer berechtigten Freistellung nach einer Kündigung die private Nutzung des Dienstwagens ohne Anspruch auf Entschädigung zu widerrufen. Nach der Rückgabe des Dienstwagens am 23.05.2023 forderte der Mitarbeiter vom Arbeitgeber eine Nutzungsentschädigung in Höhe von 457 Euro monatlich bis zum Ende der Kündigungsfrist. Diese Summe entspricht dem steuerlich anzusetzenden geldwerten Vorteil für die private Nutzung des Fahrzeuges. Da der Arbeitgeber die Zahlung verweigerte, erhob der Mitarbeiter Klage auf Zahlung der Entschädigung. Das Bundesarbeitsgericht (BAG) entschied, dass der Arbeitgeber dem Kläger eine anteilige Nutzungsausfallentschädigung in Höhe von 137,10 Euro brutto für den
Monat Mai 2023 zahlen müsse. Die vertraglich vereinbarte Widerrufsklausel sei grundsätzlich wirksam. Allerdings müsse die Ausübung des Widerrufsrechts gemäß § 315 BGB dem Grundsatz „billigen Ermessens“ entsprechen. Im konkreten Fall sei die Rückgabe des Dienstwagens zum 24.05.2023 nicht angemessen gewesen, da der Kläger den geldwerten Vorteil für die private Nutzung des Fahrzeuges für den gesamten Monat Mai versteuern musste, obwohl ihm das Fahrzeug ab dem 24.05. nicht mehr zur Verfügung gestanden habe. Angemessen sei daher eine Kompensation durch Zahlung einer anteiligen Nutzungsausfallentschädigung für die restlichen Tage des Monats Mai, in denen der Mitarbeiter den PKW nicht mehr habe nutzen können, BAG, Urteil vom 12.02.2025, Az. 5 AZR 171/24.