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29. August 2024

EuGH stärkt Rechte von Schwangeren

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EuGH stärkt Rechte von Schwangeren
Bild: ©Redaktionsbüro Schneider/gettyimages.de/Nensuria
Schwangere Arbeitnehmerinnen genießen Kündigungsschutz. Voraussetzung hierfür ist, dass sie den Arbeitgeber über die Schwangerschaft informieren. Das in diesem Zusammenhang nach deutschem Recht einzuhaltende Fristenregime steht aktuell auf dem Prüfstand des EuGH.

Frist für Kündigungsschutzklage war abgelaufen

Eine Pflegehelferin war seit dem 01.08.2022 in einem Alten- und Pflegeheim beschäftigt. Der Arbeitgeber kündigte ihr mit Schreiben vom 06.10.2022. Am 09.11.2022 wurde festgestellt, dass die Arbeitnehmerin in der siebten Woche schwanger ist. Dies bedeutet, dass sie bereits zum Zeitpunkt der Kündigung schwanger war. Am 10.11.2022 informierte sie ihren Arbeitgeber über ihre Schwangerschaft. Erst am 13.12.2022 erhob sie Kündigungsschutzklage beim zuständigen Arbeitsgericht. Da die Schwangere weder die dreiwöchige Frist zur Erhebung der Kündigungsschutzklage gemäß § 4 Kündigungsschutzgesetz (KSchG), noch die zweiwöchige Frist für die sogenannte nachträgliche Zulassung der Klage gemäß § 5 KSchG eingehalten hatte, hätte das Arbeitsgericht die Klage eigentlich als verfristet abweisen müssen. Die Arbeitsrichter hatten jedoch Zweifel, ob das deutsche Recht hinsichtlich dieser Fristen mit europarechtlichen Vorschriften vereinbar ist und legte den Fall dem EuGH vor. Die Luxemburger Richter hoben in ihrem Urteil hervor, dass sie die in § 5 KSchG vorgesehene zweiwöchige Frist für die nachträgliche Zulassung der Klage für zu kurz halten, da sie deutlich kürzer ist als die in § 4 KSchG vorgesehene normale dreiwöchige Klagefrist. Sie mache es Schwangeren sehr schwer, sich beraten zu lassen und unter Umständen einen Zulassungsantrag und die eigentliche Kündigungsschutzklage abzufassen und einzureichen, EuGH, Urteil vom 27.06.2024, Az. C-284/23.

Das bedeutet das EuGH-Urteil für Arbeitgeber

Hat ein Arbeitgeber zum Zeitpunkt der Kündigung keine Kenntnis von der Schwangerschaft, kann sich die schwangere Arbeitnehmerin nur dann auf ihr Sonderkündigungsschutzrecht berufen, wenn sie dem Arbeitgeber die Schwangerschaft innerhalb von zwei Wochen nach Zugang der Kündigung mitteilt. Ist ihr die Schwangerschaft bis zu diesem Zeitpunkt selbst nicht bekannt, ist das Überschreiten dieser Frist unbeachtlich. Die Schwangere muss gegen die Kündigung klagen. Ist die dreiwöchige Klagefrist nach § 4 KSchG bereits abgelaufen, kann eine schwangere Arbeitnehmerin einen Antrag auf nachträgliche Zulassung der Klage nach § 5 KSchG stellen. Welche Frist hierfür gilt, wird nach dem Urteil des EuGH zukünftig durch deutsche Gerichte entschieden. Denkbar ist es, dass die Gerichte hier die dreiwöchige Frist des § 4 KSchG entsprechend anwenden.

Annemarie Böttcher

Annemarie Böttcher