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Ratgeber
24. November 2023

Abrufarbeit erfordert Vorliegen eindeutiger Regelungen

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Abrufarbeit erfordert Vorliegen eindeutiger Regelungen
Bild: ©Redaktionsbüro Schneider/ gettyimages.de/Biserka Stojanovic
In Betrieben ohne gleichmäßig planbaren Arbeitsanfall ist die Arbeit auf Abruf ein probates Mittel, um die Personalkosten im Rahmen zu halten. Dies funktioniert jedoch nur, wenn in den Arbeitsverträgen der Mitarbeiter entsprechende Regelungen vereinbart wurden. Versäumnisse in diesem Kontext können in zweifacher Hinsicht teuer werden.

Gesetzliche Regelung gestattet flexiblen Personaleinsatz

Die sogenannte Arbeit auf Abruf ist in § 12 TzBfG (Teilzeit- und Befristungsgesetz) geregelt. Dieses Arbeitszeitmodell ermöglicht es dem Arbeitgeber, die Lage der Arbeitszeit und die Dauer der Arbeitsleistung entsprechend dem Arbeitsanfall zu bestimmen. Voraussetzung hierfür ist das Vorliegen einer vertraglichen Vereinbarung, die eine bestimmte Dauer der wöchentlichen und täglichen Arbeitszeit festlegt.

Ohne Vereinbarung gelten die gesetzlichen Vorgaben

Enthält der Arbeitsvertrag keine Bestimmungen zur Dauer der wöchentlichen und täglichen Arbeitszeit, greift folgende gesetzliche Fiktion:

  • Fehlt die Festlegung der wöchentlichen Arbeitszeit, gilt eine Arbeitszeit von 20 Stunden pro Woche als vereinbart.
  • Ist die Dauer der täglichen Arbeitszeit nicht bestimmt, gilt eine tägliche Arbeitszeit von mindestens drei aufeinanderfolgenden Stunden.

Anderweitige Regelungen sind erlaubt

Die gesetzliche Regelung bezweckt den Schutz der Arbeitnehmer vor willkürlicher Handhabung durch den Arbeitgeber bei fehlender Vereinbarung zur Dauer und Lage der Arbeitszeit. Treffen Arbeitgeber und Arbeitnehmer hingegen eine entsprechende Vereinbarung, so lässt ihnen das Gesetz in diesen Punkten gemäß dem Grundsatz der Vertragsfreiheit freie Hand. Es ist daher z. B. zulässig, mit einem Mitarbeiter eine Arbeitszeit von nur einer Stunde täglich zu vereinbaren.

Lage der Arbeitszeit muss rechtzeitig mitgeteilt werden

Einschränkungen enthält das Gesetz in Bezug auf den konkreten Abruf der Arbeitsleistung, der nur mit einem Vorlauf von mindestens vier Tagen erfolgen kann. Das Gesetz sieht aber vor, dass in Tarifverträgen von den Vorgaben des Teilzeit- und Befristungsgesetzes abweichende Regelungen getroffen werden können – auch wenn diese für den Arbeitnehmer ungünstiger sind. Nicht tarifgebundenen Arbeitgebern ist es gestattet, die für die Branche geltenden tariflichen Regelungen zur Abrufarbeit im Arbeitsvertrag zu vereinbaren.

Bei Versäumnis der Abruffrist besteht Anspruch auf Verzugslohn

Wird die geltende Abruffrist vom Arbeitgeber nicht eingehalten, ist der Arbeitnehmer nicht zur Arbeitsleistung verpflichtet. Er kann der Arbeit fernbleiben, ohne vertragsbrüchig zu werden. Ruft der Arbeitgeber in der Folge die Arbeitsleistung nicht erneut fristgerecht ab, behält der Arbeitnehmer seinen Vergütungsanspruch für die vereinbarte Arbeitszeit unter dem Gesichtspunkt des Annahmeverzuges auch ohne Arbeitsleistung. Das gleiche gilt, wenn eine Vereinbarung über die Dauer der Arbeitszeit fehlt. Hat der Arbeitgeber die für diesen Fall vorgesehene gesetzliche Mindeststundenzahl nicht abgerufen, kann der Arbeitnehmer die Vergütung für die nach der gesetzlichen Fiktion geltenden 20 Wochenstunden beanspruchen, auch wenn er weniger gearbeitet hat.

Sozialversicherungsträger beanspruchen Phantomlohn

Auch wenn ein Arbeitnehmer seine Ansprüche wegen einer fehlenden Vereinbarung hinsichtlich der Arbeitszeitdauer nicht geltend macht, kann eine fehlende Vereinbarung gravierende Folgen haben. Im Falle einer Betriebsprüfung muss damit gerechnet werden, dass Sozialversicherungsbeiträge für den nach der gesetzlichen Fiktion geschuldeten Lohn (sogenannter Phantomlohn) nachgefordert werden (siehe Hinweis). Auf den Phantomlohn sind Sozialversicherungsbeiträge zu entrichten. Hintergrund ist das im Sozialversicherungsrecht geltende Entstehungsprinzip, nach dem Beiträge zur Sozialversicherung bereits dann entrichtet werden müssen, wenn sie rechtlich entstanden sind. Im Steuerrecht hingegen gilt das Zuflussprinzip, wonach Steuern erst zu entrichten sind, wenn die Gehaltszahlungen dem Arbeitnehmer auch tatsächlich zugeflossen sind (z. B. Wertstellung auf dem Konto).

Beim Phantomlohn handelt es sich um die Differenz zwischen dem tatsächlich an den Arbeitnehmer ausgezahlten Lohn für geleistete Arbeit sowie dem ihm rechtlich zustehenden Lohn.

Annemarie Böttcher
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