Haftungsausschluss greift auch bei Ordnungswidrigkeiten
Haftung setzt doppelten Vorsatz voraus
Ein Arbeitnehmer sollte auf Anweisung seines Arbeitgebers mit einem Kollegen ein Schwerlastregal in der Lagerhalle abbauen. Er begann mit dem Abbau, als sein Kollege nicht im Raum war, ohne weitere Sicherungsmaßnahmen vorzunehmen. Dabei stürzte er aus einer Höhe von drei bis vier Metern auf den Boden und erlitt eine Schädelfraktur, zwei Rippenfrakturen, Wirbelfrakturen und infolge einer Rückenmarkschädigung eine vollständige irreversible Querschnittslähmung. Nachdem das Landesamt für Verbraucherschutz gegen den Arbeitgeber ein Bußgeld in Höhe von 1.500 Euro wegen der Verletzung von Arbeitsschutzvorschriften festgesetzt hatte, verklagte der Arbeitnehmer den Arbeitgeber auf Zahlung von Schadenersatz und Schmerzensgeld in Höhe von 250.000 Euro. Das Gericht wies die Klage ab. Zugunsten des Arbeitgebers greife der Haftungsausschluss gemäß 104 Abs. 1 SGB VII (Siebtes Buch des Sozialgesetzbuchs). Danach sei ein Arbeitgeber seinen Beschäftigten gegenüber zum Ersatz eines Personenschadens aus einem Arbeitsunfall nur dann verpflichtet, wenn er den Unfall vorsätzlich herbeigeführt habe. Der Vorsatz müsse nicht nur die Verletzungshandlung, sondern auch den Verletzungserfolg umfassen. Allein der Verstoß gegen Verkehrssicherungspflichten oder Unfallverhütungsvorschriften indiziere keinen Vorsatz im Hinblick auf den Verletzungserfolg, d. h. die erlittenen Verletzungen. Selbst derjenige, der vorsätzlich eine zugunsten des Arbeitnehmers bestehende Schutzvorschrift missachte, wolle regelmäßig nicht die Schädigung und den Arbeitsunfall des Arbeitnehmers selbst, sondern hoffe, dass diesem kein Unfall widerfahren werde. Von einem doppelten Vorsatz des Arbeitgebers sei im konkreten Fall nicht auszugehen, Thüringer LAG, Urteil vom 24.06.2025,Az. 1 Sa 1/25.
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