Fehlendes Präventionsverfahren ist unschädlich
Ein Unternehmen stellte zum 01.01.2023 einen schwerbehinderten Mitarbeiter als Leiter der Haus- und Betriebstechnik ein. Der Arbeitsvertrag sah eine sechsmonatige Probezeit vor. Die Schwerbehinderteneigenschaft war dem Arbeitgeber bei Vertragsschluss bekannt und wurde bei der Stellenbesetzung im Hinblick auf das Anforderungsprofil und das individuelle Leistungsvermögen des Mitarbeiters berücksichtigt. Weder ein Betriebsrat noch eine Schwerbehindertenvertretung bestanden im Unternehmen. Mit Schreiben vom 30.03.2023 kündigte der Arbeitgeber das Arbeitsverhältnis. Der Mitarbeiter erhob Kündigungsschutzklage. Er machte geltend, die Kündigung verstoße gegen das Benachteiligungsverbot des § 7 AGG (Allgemeines Gleichbehandlungsgesetz), da der Arbeitgeber kein Präventionsverfahren nach § 167 Abs. 1 SGB IX (Neuntes Buch des Sozialgesetzbuchs) eingeleitet habe. Die Kündigung sei daher unwirksam. Das BAG wies die Klage ab. Zwar könne ein Verstoß gegen Vorschriften, die Verfahrens- oder Förderpflichten zugunsten schwerbehinderter Menschen enthielten, grundsätzlich die Vermutung einer Benachteiligung wegen der Behinderung begründen. Fraglich sei jedoch, ob diese Vermutung uneingeschränkt greife, wenn der Arbeitgeber den Arbeitnehmer in Kenntnis seiner Schwerbehinderung eingestellt und erst später gegen behinderungsspezifische Pflichten verstoßen habe. Vor allem habe der Arbeitgeber hier nicht gegen § 167 Abs. 1 SGB IX verstoßen. Diese Vorschrift sei während der sechsmonatigen Wartezeit des § 1 Abs. 1 KSchG (Kündigungsschutzgesetz) nicht anwendbar, da sie nur für Kündigungen gelte, die in den zeitlichen und sachlichen Geltungsbereich des Kündigungsschutzgesetzes fielen. Die Kündigung sei daher wirksam, BAG, Urteil vom 03.04.2025, Az. 2 AZR 178/24.