Unternehmerische Freiheit umfasst auch die Betriebsstilllegung

Tatsächliche Stilllegung ist nicht rechtsmissbräuchlich
Ein Unternehmen einer Mediengruppe, das Zeitungen und Anzeigenblätter druckte, sah sich nach der Kündigung seines Hauptauftraggebers (ca. 90 % des Auftragsvolumens) zum 30.09.2023 gezwungen, die Produktion vorläufig einzustellen. Ab dem 04.10.2023 wurden alle Mitarbeiter widerruflich freigestellt. Im November 2023 schloss das Unternehmen mit dem Betriebsrat einen Interessenausgleich und am 15.12.2023 einen Sozialplan. Vom Sozialplan ausgenommen waren Mitarbeiter, die bis zum 01.02.2025 die Voraussetzungen für eine ungekürzte Altersrente erfüllten.
Nach der Massenentlassungsanzeige bei der Bundesagentur für Arbeit wurden die Arbeitsverhältnisse der Mitarbeiter beendet. Ein betroffener Schichtleiter, der wegen des bevorstehenden Rentenbezugs vom Sozialplan ausgeschlossen war, erhob Kündigungsschutzklage. Er argumentierte, die Schließung des Betriebs sei willkürlich, da es sich um einen funktionierenden Wirtschaftsbetrieb handelte. Zudem sei sein Ausschluss vom Sozialplan treuwidrig sowie altersdiskriminierend.
Die Klage blieb erfolglos. Das Gericht stellte fest, dass die Kündigungen durch dringende betriebliche Erfordernisse gerechtfertigt waren, die sich sowohl aus innerbetrieblichen Gründen (z. B. Rationalisierungsmaßnahmen, Umstellung der Produktion oder Stilllegung des Betriebs) als auch aus außerbetrieblichen Gründen (z. B. Auftragsmangel, Umsatzrückgang) ergeben können. Im konkreten Fall hatte das Unternehmen die unternehmerische Entscheidung zur Stilllegung des Betriebs getroffen und umgesetzt. Die Schließung war weder unsachlich, unvernünftig noch willkürlich. Da die Maßnahme tatsächlich durchgeführt wurde, greift die Vermutung, dass die Entscheidung nicht missbräuchlich war. Selbst die Stilllegung eines funktionierenden Betriebs fällt unter den Schutz der unternehmerischen Freiheit. Der Ausschluss des Schichtleiters aus dem Sozialplan hatte keine Auswirkungen auf die Wirksamkeit seiner Kündigung. Ein möglicherweise unwirksamer Sozialplan begründet allenfalls Ansprüche auf Zahlungen, nicht aber die Unwirksamkeit der Kündigung, LAG Köln, Urteil vom 20.03.2025, Az. 8 SLa 310/24.
Freie Unternehmerentscheidung ist nur eingeschränkt gerichtlich überprüfbar
Bei einer sogenannten freien Unternehmerentscheidung aufgrund innerbetrieblicher Gründe prüfen die Arbeitsgerichte im Kündigungsschutzverfahren lediglich, ob der Beschäftigungsbedarf tatsächlich entfällt und ob die Maßnahme umgesetzt oder nur vorgeschoben wird. Ob die Entscheidung wirtschaftlich erfolgversprechend ist oder ob alternative Maßnahmen sinnvoller wären, bleibt dagegen grundsätzlich außer Betracht. Eine gerichtliche Kontrolle ist nur möglich, wenn die Entscheidung offenbar unsachlich, unvernünftig oder willkürlich ist, z.B. wenn der Arbeitgeber seinen Betrieb in mehrere kleine Einheiten aufspaltet, um den Arbeitnehmern den Kündigungsschutz zu entziehen.
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