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Ratgeber
25. August 2023

Die rechtlichen Aspekte der Vier-Tage-Woche im Überblick

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Die rechtlichen Aspekte der Vier-Tage-Woche im Überblick
Bild: © Redaktionsbüro Schneider/gettyimages.de/Gaitanidas
Inhalte in diesem Beitrag
Die Diskussionen um die Verbesserung der Work-Life-Balance haben die Vier-Tage-Woche als eines der zentralen Themen ausgemacht. Welche rechtlichen Aspekte es hierzu zu beachten gilt, erfahren Sie hier.

Das sind die Vor- und Nachteile einer Vier-Tage-Woche

Aus Arbeitnehmersicht hat eine Vier-Tage-Woche in erster Linie Vorteile, weil sie es ermöglicht – insbesondere bei entsprechender Reduzierung der Arbeitszeit – das Familien- und Privatleben besser mit dem Beruf in Einklang zu bringen. Sofern die Reduzierung der Arbeitszeit jedoch ohne Lohnausgleich erfolgt, liegt der damit verbundene finanzielle Nachteil auf der Hand. Aus Sicht des Unternehmens haben Studien Vorteile der Vier-Tage-Woche in einem reduzierten Krankenstand und einer erheblich größeren Mitarbeiterzufriedenheit festgestellt. Bei einem Lohnausgleich schlägt der Kostenfaktor negativ zu buche. Dies kann jedoch unter Umständen durch eine erhöhte Produktivität kompensiert werden. Ob eine Vier-Tage-Woche für das eigene Unternehmen in Betracht kommt, muss daher unter Abwägung sämtlicher Aspekte entschieden werden.

Diese zwei Varianten sind denkbar

Bei der Einführung einer Vier-Tage-Woche sind folgende zwei Varianten denkbar:

  • (Gleichmäßige) Verteilung der wöchentlich unveränderten Anzahl der Arbeitsstunden auf vier Tage
  • Verkürzung der Arbeitszeit um einen Tag

Diese Aspekte gilt es bei gleichbleibender wöchentlicher Arbeitszeit zu beachten

In rechtlicher Hinsicht sind bei einer bloßen Umverteilung der Arbeitszeit auf vier statt fünf Arbeitstage in erster Linie die Vorschriften des Arbeitszeitgesetzes zu beachten. Beträgt die wöchentliche Arbeitszeit 40 Stunden, ist die gleichmäßige Verteilung auf vier Arbeitstage à zehn Stunden rechtlich zulässig (Ausnahmen: Schwangere und Jugendliche). Nach § 3 Satz 1 ArbZG darf zwar die werktägliche Arbeitszeit von acht Stunden nicht überschritten werden. Gemäß § 3 Satz 2 ArbZG kann die werktägliche Arbeitszeit jedoch von acht auf zehn Stunden verlängert werden, wenn der Durchschnitt von acht Stunden werktäglich innerhalb eines Ausgleichzeitraumes von 24 Stunden nicht überschritten wird. Der freiwerdende fünfte Arbeitstag würde dann als Ausgleichstag gelten.

Überstunden sind unzulässig

Ob eine dauerhafte Konzentration einer 40-Stunden-Woche auf vier Arbeitstage angesichts der nicht unerheblichen täglichen Belastung sinnvoll ist, erscheint fraglich. Bei einem derartigen Modell muss außerdem bedacht werden, dass die Anordnung von Überstunden wegen der Überschreitung der maximalen täglichen Arbeitszeit von zehn Stunden grundsätzlich unzulässig ist. Daneben sind die gesetzlich vorgeschriebenen Ruhepausen und Ruhezeiten zu beachten. Nach § 4 ArbZG sind bei einer Arbeitszeit von mehr als neun Stunden mindestens 45 Minuten Pause (aufteilbar in 15-minütige Abschnitte) und nach § 5 ArbZG eine mindestens elfstündige Ruhezeit nach jedem Arbeitstag einzuhalten.

Weisungsrecht ermöglicht Umsetzung

Wenn die Lage der Arbeitszeit im Arbeitsvertrag nicht ausdrücklich fest vereinbart bzw. in einem Tarifvertrag oder einer Betriebsvereinbarung geregelt wurde, ist der Arbeitgeber aufgrund seines in § 106 Gewerbeordnung (GewO) verankerten Weisungsrechts berechtigt, die Vier-Tage-Woche einseitig einzuführen. Die Weisung muss jedoch billigem Ermessen entsprechen, d. h., die betrieblichen Interessen sind gegen die Interessen des Arbeitnehmers abzuwägen. Zu den zu berücksichtigenden Interessen eines Mitarbeiters zählen dabei z. B. familiäre Belange, die unter Umständen bei einem zehnstündigen Arbeitstag zuzüglich eventueller Pendelzeiten erheblich ins Gewicht fallen dürften.

Umsetzung durch Arbeitszeitverkürzung ist nicht durch Weisungsrecht gedeckt

Nicht vom Weisungsrecht gedeckt ist die Einführung einer Vier-Tage-Woche, wenn sie durch eine Arbeitszeitverkürzung erreicht werden soll. Die Dauer der Arbeitszeit betrifft den Kernbereich eines Arbeitsverhältnisses und kann nur einvernehmlich oder mittels einer Änderungskündigung durchgesetzt werden. Ob Mitarbeiter mit diesem Modell einverstanden sind, wird häufig davon abhängig sein, ob die Verkürzung ohne oder mit vollem Lohnausgleich erfolgen soll. Bei letzterer Variante wird es regelmäßig kaum Widerspruch durch die betroffenen Arbeitnehmer geben, während eine Arbeitszeitverkürzung ohne vollen Lohnausgleich in der Regel bestenfalls aus betriebsbedingten Gründen oder beim Sonderfall der Kurzarbeit zulässig sein dürfte.

Mischform möglich

Eine sowohl Arbeitnehmer- als auch Arbeitgeber­interessen gerecht werdende Möglichkeit kann eine Mischform darstellen, bei der die wöchentliche Arbeitszeit bei gleichbleibendem Lohn aber nur teilweiser Verringerung der Arbeitszeit auf vier Tage verteilt wird. Auch dieses Modell ist jedoch nur im Einvernehmen mit den Mitarbeitern durchsetzbar.

Gleichbehandlungsgrundsatz muss beachtet werden

Wird die Vier-Tage-Woche eingeführt, muss auch hier der arbeitsrechtliche Gleichbehandlungsgrundsatz eingehalten werden. Dieser besagt, dass der Arbeitgeber vergleichbare Arbeitnehmergruppen gleichbehandeln muss und keine sachfremden Differenzierungen vornehmen darf. Es ist daher nicht zulässig, einzelne Arbeitnehmer oder Arbeitnehmergruppen willkürlich von der Vier-Tage-Woche-auszuschließen. Zulässig wäre es aber, eine bestimmte Arbeitnehmergruppe, z.B. die Produktion, von der Vier-Tage-Woche auszunehmen, sie aber für die Verwaltung einzuführen.

Vier-Tage-Woche als Arbeitnehmeranspruch?

Denkbar ist auch, dass unter bestimmten Umständen Mitarbeiter die Vier-Tage-Woche für sich auch gegen den Willen des Arbeitgebers durchsetzen. Gemäß § 8 Teilzeit- und Befristungsgesetz (TzBfG) haben Mitarbeiter nicht nur einen Anspruch auf eine Verringerung ihrer Arbeitszeit, sondern können gleichzeitig mit dem Antrag auf Verringerung der Arbeitszeit auch Wünsche zur Lage der verbleibenden Arbeitszeit anmelden. Es ist also möglich, dass ein Arbeitnehmer mit einer 40-Stunden-Woche eine Reduktion seiner Arbeitszeit um acht Stunden wöchentlich beantragt und die verbleibenden 32 Stunden an vier Tagen, z. B. montags bis donnerstags, ableisten will. Die Reduzierung auf diesem Weg ist jedoch mit einer entsprechenden Kürzung der Vergütung verbunden.

Voraussetzungen für den Anspruch auf Arbeitszeitreduzierung

Der Anspruch nach § 8 TzBfG besteht nur unter den Voraussetzungen, dass

  • das Arbeitsverhältnis seit mindestens sechs Monaten besteht,
  • der Arbeitgeber in der Regel mehr als 15 Arbeitnehmer beschäftigt (Auszubildende ausgenommen) und
  • der Arbeitszeitreduzierung keine betrieblichen Gründe entgegenstehen.

Will ein Arbeitnehmer die Verringerung der Arbeitszeit nur befristet geltend machen – sogenannte Brückenteilzeit nach § 9a TzBfG – so ist hierfür Voraussetzung, dass der Arbeitgeber mehr als 45 Arbeitnehmer beschäftigt.

Wird die Vier-Tage-Woche durch Arbeitszeitverringerung bei vollem oder teilweisem Lohnausgleich durchgeführt, ist außerdem das Diskriminierungsverbot nach § 4 TzBfG zu beachten. Der Lohnausgleich bei reduzierter Stundenzahl bedeutet faktisch eine Lohnerhöhung für die betroffenen Vollzeitkräfte, von der Teilzeitkräfte, bei denen wegen ihrer ohnehin reduzierten Arbeitszeit eine vertragliche Anpassung nicht nötig ist, nicht ausgeschlossen werden dürfen.

Grundsätzlich ist eine Arbeitszeitreduzierung auch in einem geringen Umfang möglich. Wenn aber eine geringfügige Reduzierung in erster Linie das Ziel hat, gleichzeitig auch die Lage der Arbeitszeit zu verändern, kann der Teilzeitwunsch insgesamt rechtsmiss­bräuchlich sein.

Ablehnung nur aus betrieblichen Gründen möglich

Der Arbeitgeber kann die Reduzierung der Arbeitszeit und die gewünschte Lage der Arbeitszeit nur ablehnen, wenn betriebliche Gründe entgegenstehen. Ein betrieblicher Grund liegt insbesondere vor, wenn die Verringerung der Arbeitszeit

  • die Organisation,
  • den Arbeitsablauf oder
  • die Sicherheit im Betrieb wesentlich beeinträchtigt oder unverhältnismäßige Kosten verursacht.

Was für Betriebe mit Betriebsrat gilt

Existiert im Betrieb ein Betriebsrat, muss dieser bei der Einführung einer Vier-Tage-Woche beteiligt werden, sofern es keine vorrangige tarif­vertragliche Regelung gibt. Dann besteht ein zwingendes Mitbestimmungsrecht nach §87
Abs. 1 Nr. 2 Betriebsverfassungsgesetz (BetrVG), da damit eine Neufestlegung des Beginns und des Endes der Arbeitszeit verbunden ist bzw. die Arbeitszeit neu verteilt wird. Ein Mitbestimmungsrecht besteht außerdem nach § 87 Abs. 1 Nr. 3 BetrVG, wenn die Arbeitszeit verkürzt wird und nach § 87 Abs. 1 Nr. 10 BetrVG, wenn durch einen (teilweisen) Lohnausgleich in die Lohngestaltung eingegriffen wird.

Annemarie Böttcher

Annemarie Böttcher
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