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News
14. Dezember 2022

„Spontangenesung“ erschüttert AU-Beweiswert

PT+
Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung
Bild: © RalfGeithe/iStock /Getty Images Plus
Dass sich Mitarbeiter nach einer Eigenkündigung krankmelden, ist in der betrieblichen Praxis gang und gäbe. Laut einem aktuellen Urteil muss der Arbeitgeber in diesen Fällen nicht zwangsläufig den Lohn fortzahlen.

Passgenaue AU-Bescheinigungen sind verdächtig

Im Arbeitsverhältnis eines Berufstauchers war es zu Unstimmigkeiten wegen seiner Arbeitszeitnachweise gekommen. Der Taucher kündigte deshalb sein Arbeitsverhältnis am 03.01.2022 ordentlich zum 28.02.2022. Am 04.01.2022 konsultierte er seine Haus­ärztin, die ihn zunächst bis zum 14.01.2022 und danach durch Folgebescheinigungen vom 13.01.2022 (bis zum 04.02.2022) und 04.02.2022 (bis zum 28.02.2022, einem Montag) arbeitsunfähig krankschrieb. In der Folge klagte er erfolglos auf Entgeltfortzahlung für die ersten sechs Wochen seiner Arbeitsunfähigkeit. Das Arbeitsgericht betonte, dass einer ordnungsgemäß ausgestellten ärztlichen Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung ein hoher Beweiswert zukomme. Der Beweiswert könne aber nach der Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts (BAG) erschüttert sein, wenn die Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung (AU) passgenau die nach einer Eigenkündigung noch verbleibende Dauer des Arbeitsverhältnisses abdecke. Dabei komme es nicht darauf an, ob die Arbeitsunfähigkeit durch eine einzelne ärztliche Bescheinigung oder durch mehrere Bescheinigungen (Erst- und anschließende Folgebescheinigungen) dargelegt werde. Entscheidend sei, dass die Kündigungsfrist durch die Bescheinigungen passgenau abgedeckt werde. Im konkreten Fall komme hinzu, dass das Ende der attestierten Arbeitsunfähigkeit auf einen Montag (28.02.) gefallen sei, der Arbeitnehmer ab dem 01.03. wieder arbeitsfähig gewesen sei und eine Stelle bei einem neuen Arbeitgeber habe antreten können. Eine solche Spontangenesung mitten in der Woche sei nicht plausibel, sodass der Beweiswert der Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung erschüttert sei, ArbG Neumünster, Urteil vom 23.09.2022, Az. 1 Ca 20b/22.

Ist der Beweiswert einer Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung (AU) erschüttert, muss ein Arbeitnehmer die Arbeitsunfähigkeit anderweitig beweisen, wenn er Ansprüche auf Entgeltfortzahlung geltend machen will. Denkbar ist hier, dass er seinen Arzt als Zeugen benennt und ihn von der ärztlichen Schweigepflicht entbindet. Wenn dieser bestätigt, dass tatsächlich Arbeitsunfähigkeit vorlag, muss der Arbeitgeber zahlen.

Annemarie Böttcher

Annemarie Böttcher
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