Urteil
/ 27. Juni 2025

Vortäuschen einer Arbeitsunfähigkeit kann Kündigung rechtfertigen

Es ist erfreulich, dass die Rechtsprechung zunehmend kritisch prüft, ob Arbeits­unfähigkeitsbescheinigungen (AU) tatsächlich den Nachweis einer Erkrankung erbringen. Gleichwohl bleibt die Kündigung wegen vorgetäuschter Arbeitsunfähigkeit rechtlich anspruchsvoll

Acht Krankmeldungen auf einen Schlag erschüttern Beweiswert der AU

Einem seit 2011 für ein Unternehmen tätigen Mitarbeiter war ein Aufhebungsvertrag übersandt worden, den er jedoch nicht unterschrieben hatte. Zusammen mit sieben weiteren Kollegen wurde er daraufhin zu einem Personalgespräch über die Aufhebung der Arbeitsverhältnisse im Zusammenhang mit einer Restrukturierungsmaßnahme geladen. Alle acht Mitarbeiter erschienen nicht zum Gespräch, sondern meldeten sich krank. Als der Arbeitgeber daraufhin die Vorlage einer Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung schon für den ersten Krankheitstag forderte, legte der Mitarbeiter eine um einen Tag zurückdatierte AU vor. Der Arbeitgeber kündigte das Arbeitsverhältnis daraufhin betriebs- und auch verhaltensbedingt, weil die Arbeitsunfähigkeit seines Erachtens als Ausdruck einer organisierten Protestaktion lediglich vorgeschoben worden sei. Vorliegend müsse sich auch einem objektiven Beobachter der Verdacht aufdrängen, dass es mehr als nur unwahrscheinlich sei, dass tatsächlich alle acht zum Personalgespräch eingeladenen Mitarbeiter arbeitsunfähig erkrankt gewesen seien.

Der Mitarbeiter erhob Kündigungsschutzklage – mit Erfolg. Das Gericht gab dem Arbeitgeber zwar insoweit Recht, als das Vortäuschen einer Arbeitsunfähigkeit eine verhaltensbedingte Kündigung rechtfertigen könne. Auch sei der Beweiswert der von dem Kläger vorgelegten Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung erschüttert, da nach dem Gesamtumständen des Falls – die gleichzeitige Krankmeldung von acht Mitarbeitern um einer konfliktträchtigen Gesprächssituation aus dem Weg zu gehen – erhebliche Zweifel am Bestehen der Arbeitsunfähigkeit berechtigt seien. Die Zeugenaussage der krankschreibenden Ärztin habe jedoch ergeben, dass der Mitarbeiter am Tag der Ausstellung der AU-Bescheinigung eine erhöhte Temperatur sowie Erkältungssymptome mit gerötetem Rachen gehabt und der Verdacht auf eine zu dieser Zeit grassierenden Corona-Infektion bestanden habe. Die Aussage der Ärztin sei sachlich und stringent, sodass keine Anhaltspunkte für das Vortäuschen der Arbeitsunfähigkeit gegeben seien, LAG Köln, Urteil vom 12.12.2024, Az. 8 Sa 409/23.

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