Unwirksame Kündigungen jenseits des Kündigungsschutzgesetzes
Kündigungen können jedoch auch außerhalb des Geltungsbereiches des Kündigungsschutzgesetzes unzulässig sein. Ein Großteil der Kündigungsbeschränkungen ergibt sich aus verfassungsrechtlichen oder europarechtlichen Grundsätzen. Die im Grundgesetz verankerte Tarifautonomie verbietet z. B. eine Kündigung wegen einer Gewerkschaftszugehörigkeit. Teilweise sind die verfassungsrechtlichen Wertungen ausdrücklich in spezielle Gesetze umgesetzt worden, z. B. im Allgemeinen Gleichbehandlungsgesetz (AGG).
Diskriminierende Kündigungen sind tabu
Laut dem AGG sind Kündigungen unzulässig, die ausschließlich aus den im Allgemeinen Gleichbehandlungsgesetz (AGG) genannten Gründen erfolgen. Eine Kündigung, die z. B. ausschließlich mit der Homosexualität eines Mitarbeiters begründet wird oder mit seiner religiösen Ausrichtung, ist deshalb unwirksam. Wegen folgender Merkmale ist eine Diskriminierung (Benachteiligung) nach dem AGG verboten: Rasse oder ethnische Herkunft, Geschlecht, Religion oder Weltanschauung, Behinderung, Alter und sexuelle Identität.
Sitten- und treuwidrige Kündigungen sind unwirksam
Kündigungen können außerdem aus allgemeinen rechtlichen Erwägungen sittenwidrig sein oder gegen den Grundsatz von Treu und Glauben verstoßen und damit unwirksam sein. Sittenwidrig ist nach der Rechtsprechung eine Kündigung dann, wenn sie
- auf einem verwerflichen Motiv des Kündigenden beruht (z. B. aus Rachsucht oder Vergeltung) oder
- aus Gründen erfolgt, die gegen das Anstandsgefühl aller billig und gerecht Denkenden verstößt.
Eine treuwidrige Kündigung kann bei einem widersprüchlichen Verhalten des Arbeitgebers angenommen werden, z. B. dann, wenn der Arbeitgeber wegen eines bestimmten Vorfalles den Arbeitnehmer abmahnt und den gleichen Vorfall später als Kündigungsgrund heranzieht.
Spezielle gesetzliche Kündigungsverbote gelten in jedem Betrieb
Weitere Kündigungsverbote sind ausdrücklich im Bürgerlichen Gesetzbuch (BGB) genannt. Verboten ist gemäß § 612a BGB eine Kündigung, die deshalb erfolgt, weil der Mitarbeiter in zulässiger Weise seine Rechte verfolgt, sogenanntes Maßregelungsverbot. Würde beispielsweise eine Kündigung damit begründet, dass ein Mitarbeiter die Bezahlung von Überstunden gerichtlich geltend macht, wäre von einem Verstoß gegen das Maßregelungsverbot auszugehen.
Anscheinsbeweis kann gekündigtem Arbeitnehmer helfen
Die Beweislast, dass eine Kündigung gegen das Maßregelungsverbot verstößt, liegt beim Arbeitnehmer. Da kaum ein Arbeitgeber die Kündigung mit der Geltendmachung von Arbeitnehmerrechten begründen wird, kann sich ein Arbeitnehmer in einem solchen Fall auf einen Anscheinsbeweis berufen. Dieser liegt nach der Rechtsprechung vor, wenn zwischen der Rechtsausübung durch den Arbeitnehmer (hier Forderung nach Bezahlung der Überstunden) und der Kündigung ein enger zeitlicher Zusammenhang besteht.
Betriebsübergang begründet Kündigungsverbot
Im BGB ist ein weiteres Kündigungsverbot enthalten, das für jeden Betrieb – unabhängig von Branche oder Betriebsgröße – gilt, nämlich für den Fall des Betriebsüberganges, § 613a Abs. 4 BGB. Danach ist eine Kündigung unwirksam, die aus Anlass eines Betriebsüberganges erfolgt. Ob ein Betriebsübergang vorliegt, beantwortet die Rechtsprechung unter Zugrundelegung verschiedener Kriterien, die im Einzelfall individuell zu bewerten sind.
Kündigung aus sonstigen Gründen ist erlaubt
Auch bei einem Betriebsübergang bleibt eine Kündigung, die nicht aus Anlass des Betriebsüberganges erfolgt, erlaubt. Zulässig ist es daher, z. B. aus verhaltensbedingten Gründen zu kündigen oder – unter strengen Voraussetzungen – auch zur Durchsetzung eines Rationalisierungs- oder Sanierungskonzeptes.